Ach Herrjemine...

Was habe ich durch eine leichtherzige Bemerkung über die Parallelen einer royalen Hochzeit zu einer Szene in meiner Geschichte denn da losgetreten?

Es lag mir fern, irgendjemanden zu kränken.
Das habe ich auch nicht so verstanden.

Nur erschließt sich mir dann immer noch nicht, warum diese Geste des Vertrauens etc. nicht auch auf den Bräutigam und seine Mutter/Familie zutrifft. Was wäre denn so schrecklich daran, dass beide in der gleichen Weise vom je andersgeschlechtlichen Elternteil/Vertrauensperson einander übergeben werden?
Das sehe ich absolut so, wie du.
BTW: Ich schrieb ganz bewusst Person in meinem anfänglichen Thread. Da steht nicht, dass die Braut (oder bei gleichgeschlechtlicher Ehe auch mal ein Bräutigam) nicht auch von einer Frau übergeben werden kann. Zumindest in der weit entfernten Zukunft, in der meine OF spielt.
Bei einer royalen Hochzeit könnte man so viele Dinge in Frage stellen. Zum Beispiel, ob gleichgeschlechtliche Ehen da überhaupt möglich sind, und wenn nein, warum denn das nicht?
Klar - da geht es, zumindest beim Thronfolger William, um die Fortführung der Thronfolge - und ja, das ist ebenfalls ein absolut antiquiertes Dilemma für einen Thronfolger, falls er sich zu Männern hingezogen fühlen würde. In dem Fall hätte allerdings der Mann die A-Karte gezogen und würde unter der Tradition leiden, das ist kein alleiniges Vorrecht der Frau.
Andererseits finde ich, dass man sich oft zu schnell auf Traditionen einschießt, weil sie eben aus einer Zeit stammen, die so ganz anders war, als die heutige Zeit. Und nur damit wir uns nicht missverstehen, ich bin sehr froh, dass das Frauenbild heute ein modernes und ganz anderes ist, als noch in den 1950er und 1960er Jahren.
Es liegt mir fern, anderen Feminismus oder Antifeminismus vorzuwerfen; und schon gar nicht möchte ich schriftstellerische Freiheit bei der Beschreibung außerirdischer oder zukünftiger Kulturen eingeschränkt wissen.
Ich finde es ja geradezu sehr interessant, wie die hier Schreibenden sich die Zukunft/andere Kulturen vorstellen, was mitgetragen wird, was zurückgelassen oder korrigiert wird.
Und in bezug auf Traditionen bin ich ein ganz großer Fan; für meine Kopfcanon-Romulaner wälze ich ein Buch über römische Geschichte, Religion oder Alltagsleben nach dem anderen, einfach weil ich diese Phase der europäischen Geschichte unheimlich inspirierend finde. Wenn andere lieber Germanisches, Chinesisches, Japanisches oder Argentinisches oder Somalisches hernehmen und weiterdenken, ist das ja bereichernd, nicht boshaft oder erschreckend.
Das freut mich zu hören.

Ich verstehe was du meinst und ich weiß, dass viele heutzutage diese antiquierten Traditionen pflegen ohne es in irgendeiner Hinsicht böse oder verachtend zu meinen. Aber ich kann nicht außer acht lassen, dass die Generationen vor mir darum gekämpft haben, dass bspw. die Frau nicht mehr zwingend den Namen des Mannes annehmen muss etc. Wozu haben wir den Punkt erreicht, an dem eine Frau endlich beinahe in allem gleichberechtigt ist, wenn wir das dann für einen der wichtigsten Tage im Leben (falls überhaupt geheiratet wird denke ich doch, dass man den Tag so werten kann) über Bord werfen? Die einen mögen die Tradition schön finden und nicht darüber nachdenken, ich finde, es ist ein gewaltiger Rückschritt.
Ich fand nicht, dass Meghan Markle, die sich nun wirklich aktiv für die Frauenrechte stark macht, irgendwie unglücklich aussah, bei dieser Zeremonie.
Ich denke SIE hat diese Geste im richtigen Kontext gesehen, und nicht die falschen Schlüsse aus den verstaubten Traditionen gezogen.
Heutzutage wird von manchen Leuten etwas getan, was IMO fast schlimmer ist, als nicht zu viel über Traditionen nachzudenken und das ist, sie kaputt zu denken. Da werden Dinge herangezogen, um Traditionen ins Negative zu ziehen, die heutzutage überhaupt nicht mehr zutreffend sind, oder auch nur ansatzweise so gemeint.
Worum es sich in meinem Verständnis und auch in dem vieler anderer Frauen handeln kann, ist eine Geste der Respektlosigkeit. Das bedeutet nicht, dass ich es nicht respektiere, wenn mir jemand einen guten Grund dafür nennt, warum er diese Tradition pflegen will, aber es zu tun weil es ja ach so schön und traditionell ist, ohne zumindest über die Bedeutung dessen und andere Möglichkeiten nachzudenken, das kann ich nicht nachvollziehen.
Ich hingegen behaupte, dass es entscheidend ist, was man aus einer Tradition in der heutigen Zeit
macht - nicht, was man absolut, und negativ eingestellt, in ihr sehen will.
Würde ich dieselbe Einstellung teilen, dann würde ich (als moderner Mann, der die Gleichberechtigung der Frau zu 100% begrüßt) alten Damen nicht mehr die Tür aufhalten, sondern mich lautstark darüber aufregen, dass nicht SIE MIR die Tür aufhält. Wo doch die Frauen SO für die Gleichberechtigung kämpfen. Ob die Welt dann eine bessere wäre, oder mein Umgang in diesem Fall respektvoller gegenüber Frauen - ich bin mir nicht sicher...
BTW... Hätte der Royale Palast vorher ein hundertseitiges Manifest ins Internet gestellt und darin erklärt warum die beiden so heiraten, wie sie geheiratet haben, dann würde dieselbe Tradition okay sein - ohne aber nicht?
Na,
die Logik erschließt sich mir wirklich nicht, sorry.
Selbst ich, der begabte Missversteher überhaupt, habe genau verstanden, was Uli sagen will.
Frauen sind in keinster Weise schwach oder bedürfen Hilfe oder sollten als Heimchen vor den Herd! Diese Zeiten sind wirklich vorbei.
Vielen Dank.
Wer meine Geschichten kennt, der weiß auch, dass ich Frauen dort so nie darstelle. Im Gegenteil.
Es gibt immer noch (deutsche) Männer, die heute vielleicht 25 oder 28 sind und der Meinung sind, dass die Frau ins Haus an den Herd gehört, nicht in ein Arbeitsleben. So wollen sie das auch bei der Hochzeit durchziehen und danach erst recht.
Das liegt meines Erachtens auch in den jeweiligen Familien und Erziehungsstilen.
Zustimmung. Ich sehe viel mehr einen Handlungsbedarf innerhalb der Gesellschaft, in Sachen Aufklärung und Erziehung, als darin, die heutige Anwendung von Traditionen, auf Teufel komm raus, ins Negative zu verkehren. Das sage ich hier ganz allgemein, nicht auf jemanden Bestimmten bezogen.
Ori, gleichberechtigt sind die modernen Frauen auch bei uns noch lange nicht wirklich. Schau dir mal den Arbeitslohn an, was eine Frau verdient und ein Mann- in gleicher Position. Da sollte noch wesentlich mehr gemacht werden.
100% agree
Ich habe sehr gut verstanden, was Uli sagen will, aber es entsetzt mich ziemlich.
Dann - das kann ich nicht anders auslegen - hast du es
absolut nicht verstanden. Denn mein Frauenbild ist so ziemlich alles, aber bestimmt nicht entsetzlich.

Stimmt. Ich kenne auch viele der Beispiele, die du anführst. Mein eigener Freund sagt, er würde gerne meinen Namen annehmen, falls wir mal heiraten sollten. Und gerade deshalb finde ich es interessant, dass junge Paare momentan bei Hochzeiten oft ohne über diese Tatsache nachzudenken auf alte Traditionen zurückgreifen, die die Frau wieder unterschwellig in den Hintergrund drücken.
Wenn wir beim Beispiel mit dem Namen bleiben gibt es noch genug Männer, für die auch ein Doppelname ein absolutes No go wäre, nicht weil sie es vielleicht nicht wollten, sondern weil ihr Umfeld das eventuell nicht akzeptieren würde. Da muss auch noch wesentlich mehr getan werden, denke ich.
IMO liegt das grundsätzlich an mangelnder Kommunikation der Brautleute, VOR einer Eheschließung. Es auf die Traditionen zu schieben, wenn beide nicht vernünftig miteinander reden können, damit macht man es sich dann doch etwas zu leicht.
Ich finde die Diskussion grade recht spannend. Ich war mal genauso eine Kampffeministin, die sowohl feministische Sprachkritik betrieb, als auch in genau solchen Ritualen das sah, was ihr beschreibt. Die Kritik ist berechtigt - man kann das Übergeben der Braut wirklich so lesen. Letztendlich ist es halt ein semiotisches Zeichen - ein Akt, der symbolisch für einen anderen steht. Aber Zeichen sind willkürlich (Ja, ich schon wieder mit meinen Zeichen!), dementsprechend kann man ihnen auch einen anderen Sinn geben.
Volle Zustimmung
Ich denke, dass das, was die jeweiligen Brautleute darin sehen sehr viel wichtiger ist, als das, was von Außen da hinein interpretiert wird, ohne dass dies dann tatsächlich da ist.
Aber ich denke, der Feminismus sollte doch eine Sache am allermeisten erreichen: Wahlfreiheit. Dass Menschen frei sind zu entscheiden, was sie gerne möchten, unabhängig der Geschlechtergrenzen. Dass beruflich erfolgreiche Frauen genauso wenig angefeindet werden, wie Männer die Elternzeit nehmen. Aber auch, dass Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, Hausfrau und Mutter zu sein, nicht angefeindet werden, weil sie "überkommenen Rollenbildern" anhängen. Es ist gut, dass sie diese Wahl haben dürfen und dafür gilt es weiterzukämpfen.
Und genauso finde ich, wenn Frauen das an ihrer Hochzeit gerne so hätten, dann sollen sie es auch haben. Man muss es ja selbst aus den genannten Gründen nicht praktizieren, aber auch wenn ich mit dir übereinstimme, Oriane, dass man in diesen Handlungen ein "in den Hintergrund drücken" sehen kann, ist heute im Wesentlichen eine Sache anders: Früher mussten die Frauen den Namen ihres Mannes annehmen, heute dürfen sie es. Früher war das "in den Hintergrund drücken" eine institutionelle Geschichte, die sich durch die gesamte Gesellschaft, ihre Gesetze, das Gedankenbild und damit auf die Sprache übertrug. Heute sind die meisten Gesetze diesbezüglich abgeschafft und auch wenn ich finde, dass noch mehr getan werden muss, sind wir doch von den 50ern ein gutes Stück entfernt und das ist auch gut so. Dementsprechend stehen diese "Zeichen" in einem ganz anderen Kontext. Und damit verändern sie auch langsam ihre Bedeutung, weil Kultur immer nur aus der Gegenwart verstanden werden kann.
Was IMO richtig und gut ist.
In traditionellen Handlungen (in denen längst nicht mehr das gesehen wird, was früher vielleicht dabei mal eine Rolle spielte) sehe ich persönlich auch keinen Rückschritt sondern das, was es ist. Traditionspflege. Nicht mehr und nicht weniger. Was früher vielleicht dahinter steckte - so viel Geist, sich dahingehend schlau zu machen, darf man dann auch modernen Männern zutrauen. Das ist kein weibliches Privileg, wie es weiter oben (nicht von dir CAMIR) zart anklang.
Deswegen habe ich aufgehört, mich über nicht-gendergerechte Sprache aufzuregen, weil mir die Geisteshaltung wichtiger ist, die dahinter steht. Man kann ein Feminist sein, ohne das Binnen-i. Und so jemanden vergraule ich dann mit Bürokratie. (Und ja, ich sehe hier deutliche Parallelen.) Die deutsche Sprache ist sexistisch, ja. Man könnte sagen, die Hochzeitsrituale sind sexistisch. Aber was machen wir daraus? Sprachliche Umerziehung ist eine Handlungsweise, die man von Diktaturen kennt und Leuten vorschreiben, wie sie heiraten sollen, weil das was sie da treiben nicht politisch korrekt sei, kann der Sache auch nicht nützen.

Vielen Dank, das hast du sehr gut gesagt.
BTW: Wenn man die deutsche Sprache als sexistisch betrachtet, dann gilt das wohl annähernd für alle anderen Sprachen auch, denn nur die wenigsten dürften einem Matriarchat entsprungen sein (die dann vermutlich wiederum aus Sicht der Männer sexistisch angehaucht wäre

)
Wir haben LEIDER weder sprachlich, noch gesellschaftlich, noch sonstwie, eine perfekte Welt. Wichtig ist aber doch, dass wir als moderne Menschen, daran arbeiten, das zumindest besser werden zu lassen. (Leider nicht alle- siehe AfD-Wähler, die sich ein neues Drittes Reich, inklusive des Frauen verachtenden Gesellschaftsbildes zurück wünschen. DARÜBER sollte man mal wirklich nachdenken.)
Ich bin viel eher dafür, weiter für die Wahlfreiheit zu kämpfen, dafür dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, als mich an Zeichen abzuarbeiten, die sowieso arbiträr sind und ihre Bedeutung deswegen auch irgendwann von selber ändern, wenn der gesellschaftliche Wandel weit genug ist.
Daher: Wenn frau von ihrem Vater an den Altar geführt werden will, werde ich sie daran bestimmt nicht hindern oder ihr sagen, dass das was sie da macht, ein Symbol ihrer Unterdrückung sei. Immerhin wird sie diese Entscheidung hierzulande in den allermeisten Fällen selbstbestimmt getroffen haben. 
Ich bin derselben Ansicht. Ich kann es nicht generell ausschließen dass es auch Frauen (und Männer) gibt, die nicht so weit denken, doch ich würde sagen, dass der überwiegende Teil derjenigen Menschen, die heutzutage heiraten, sehr wohl unterscheiden können, zwischen Tradition und dem realen Leben. Und das ist auch gut so.
Und in der Tat. Wenn sich Frauen für die Gleichberechtigung und für die Freiheit der Frau einsetzen, dann bitte auch dafür, dass sie selbst entscheiden darf WAS sie in einer Tradition sehen will, und was nicht. Das unterbinden zu wollen wäre in meinen Augen ein Rückschritt - nicht, das zu akzeptieren.