Ich habe Star Trek immer als positive Vision der Zukunft verstanden - also als Utopie.
Gerade TOS und TNG waren hier sehr darauf geprägt, während Voyager und besonders Deep Space Nine, versuchten, etwas mehr "Realismus" (beachte die Airquotes) reinzubringen.
Das gefiel mir gut, weil trotz der militärischen Hierarchie in der Sternenflotte alles nicht so wirkte.
Der Umgang innerhalb der Crew war eher locker und zur Waffe wurde nur zur Verteidigung gegriffen, anstatt gleich immer ein Mördergeschütz aufzufahren, a la Terminator oder so.
Der Dominionkrieg war in der Tat eine Gratwanderung, weil es - auch wenn es toll wäre - wirklich utopisch ist, nur auf Aliens zu treffen, mit denen man aunahmslos klar kommt (sie die Borg oder das Dominion).
Enterprise trieb diese Sache dann auf die Spitze und man hatte den Eindruck, als wollten die Macher mit dem Vorschlaghammer überall nur noch Krieg haben (Romulaner, Xindi, dann Andorianer/Vulkanier, Terra Prime, etc.)
Das ging mir dann doch zu weit, weil es sich einfach nicht mehr "richtig" anfühlte im Vergleich zu dem, womit ich 20 Jahre lang zuvor aufgewachsen war.
Viele Fans fanden das toll, weil ihnen angeblich überall nur dieses "wir ham uns alle lieb" Gedudel auf den Zeiger ging.
Für mich war das Problem, dass hier wieder nur schwarz und weiß gekannt wurde, anstatt ein weiches Grau zu suchen.
Nein - es musste unbedingt überall knallen.
Ich selbst betrachte die Sternenflotte nicht als Militär - weil sie es eigentlich auch nie sein sollte (da war die Abgrenzung Sternenflotte zu MACO's in Enterprise ein wirklich guter Ansatz, btw.)
Im Notfall ist sie der militärische Arm, aber eben paramilitärisch und ich glaube nicht, dass sich alle Offiziere der Sternenflotte als "Soldaten" bezeichnen (lassen) würden.
Wenn man sich mal die meisten Crews ansieht, haben wir vorwiegend Wissenschaftler, Mediziner und Ingenieure.
Soldaten (im Fall der Sternenflotte zeitlich nach ENT) gab es da keine (bis auf die Marines in einer Folge von DS9), sondern höchstens "Polizisten" -> die Sicherheit.
Daher definiere ich Star Trek eigentlich nicht als "Military" sondern eher als "militärisch angehauchte Space Opera Utopie".
Klar sind unsere Helden größtenteils "Offiziere" und tragen im Dienst Uniformen und haben einen Dienstrang und eine Kommandohierarchie gibt es auch.
Aber keinesfalls gibt es Stechschritt, Paraden und permanent bewaffnete Leute.
Der Umgang ist für eine militärische Organisation viel zu locker, lediglich Uniformen, Ränge und das typische "Ja/Nein Sir/Ma'am/Captain", etc. weisen doch darauf hin. Der Rest wirkt mehr wie eine Organisation, die forscht und nur - der Effizienz und Sicherheit halber - eine gewisse militärische Form pflegt, aber immer nur soweit, wie es absolut nötig erscheint.
Besonders bei TNG und auch am Anfang von DS9 wirkte die Sternenflotte eher wie eine große Familie, in der Jeder mit Jedem konnte und man nicht durch Ränge in Grenzen getrennt war; bestenfalls wurde das nur in gewissen Situationen mal herausgestellt, wo es wirklich - aufgrund einer Gefahrensituation - nötig war.
Anonsten hält die Sternenflotte ihre "Protokolle" verdammt lax, wenn man mal den Vergleich zu andern Militärs zieht.
Ob man das realistisch sehen mag oder nicht, sei jedem selbst überlassen, aber eine SciFi muss weder realistisch sein, noch hat sie von Natur aus den Anspruch dazu.
Letzter Satz:
Auch von diesem Standpunkt aus missfällt mir so manches am Kino-Reboot.
Hier wird die Sternenflotte schon fast zu militaristisch dargestellt, obwohl Pike ja ach so toll im ersten Film Kirk vom Gegenteil überzeugen wollte.
Auch das Verhalten der Offiziere in der Barszene gegenüber Kirk fand ich einfach untrekkig, weil sie sich aufgrund ihrer Uniform aufführten, als hätten sie das recht dazu.
Es kommt einfach ein bitterer Nachgeschmack rüber, besonders diese tolle Rede von Pike, die an sehr sehr dunkle Zeiten erinnerte, wo Einem noch vorgegaukelt und gebilderbergert wurde, "bei Militär wird man erst ein Mann" (größter Schwachsinn des Universums).
Teilweise fühlte ich mich bei den Reboot-Filmen schon eher an eine Militärdiktatur erinnert und das passt einfach nicht zu Star Trek.
Ich kann mich natürlich irren und vielleicht seht ihr das im Reboot anders, aber das war doch der Eindruck, welcher mir eben nicht gefällt.
Das hat Star Trek niemals so betont und auch bis zum Reboot nie betonen wollen und das fand ich gut.